Wie fühlen Sie sich gerade? Ja Sie, der Leser dieses Beitrages.
Können sie das Gefühl, das Sie gerade haben, wirklich benennen?
Oder haben Sie gemäß der gesellschaftlichen Prägung sofort innerlich mit „Gut“ geantwortet?
Vielleicht geht es Ihnen tatsächlich so wie vielen Führungskräften in unseren Seminaren.
Wenn wir in bestimmten Situation diese Führungskräfte bitten, das Gefühl zu benennen, dass sie in diesem Moment oder in einer konkreten Situation gerade haben, herrscht oft zunächst Ratlosigkeit, so als wäre entweder das aktuelle Gefühl nicht spürbar oder als würden die Worte fehlen, dieses Gefühl beim Namen zu nennen.
Oft kommt dann nach einigem Zögern ein „OK“, oder „das macht mir nichts aus“.
Denkbar ist natürlich auch, dass die gesellschaftliche Prägung dazu führt, dass diese Führungskräfte das Thema „Gefühle“ vermeiden wollen.
Daraus entstehen für den Führungs-Alltag sehr relevante Fragen:
Was bedeutet das für die Mitarbeiter?
Welche Folgen hat die fehlende Fähigkeit/Bereitschaft der Führungskräfte mit eigenen Gefühlen konstruktiv umzugehen, sie also nicht auszublenden oder zu verdrängen?
Die Antwort ist: Wenn ich als Führungskraft meine eigenen Gefühle nicht wahrnehme, wenn ich sie verdränge oder verleugne, fehlt mir auch die Fähigkeit zur Empathie. Also die Fähigkeit, mich in konkreten Situationen in die Lage meiner Mitarbeiter zu versetzen und nachzuempfinden, wie sich die Mitarbeiter fühlen.
Stimmen Sie zu, das die Fähigkeit zur Empathie zu den Schlüsselfähigkeiten moderner, auf die Entwicklung der Mitarbeiter ausgerichteter Führungskräfte gehört?
In seinem Konzept der „Emotional Literacy“ (Emotionale Bildung) beschreibt Claude Steiner* sieben Stufen emotionaler Bewusstheit.
Nach unserer Erfahrung befinden sich viele Führungskräfte auf den Stufen 4 oder 5. Ziel einer Führungskräfte-Entwicklung sollte aus unserer auch Sicht sein, diese Führungskräfte bei der Entwicklung ihrer Empathiefähigkeit zu unterstützen.
Die Stufen emotionaler Bewusstheit (Claude Steiner)
Stufe 7: Interaktivität
Versteht die Wechselwirkung der
Gefühle unterschiedlicher Mitarbeiter
Stufe 6: Empathie
Ist fähig, sich in die Lage anderer zu versetzen
und deren Gefühle nachzuempfinden
Stufe 5: Kausalität
Ist in der Lage, die Ursache der
Gefühle anderer nachzuvollziehen
Stufe 4 Differenzierung
Kann unterschiedliche eigene Gefühle
wahrnehmen und benennen
-----Sprachbarriere-------
Stufe 3 Rudimentäre Wahrnehmung
Nimmt Emotionen bei sich wahr,
kann sie jedoch nicht benennen
Stufe 2 Körperliche Empfindung
Erlebt Körperempfindungen, kann sie jedoch
nicht mit Gefühlen in Verbindung bringen
Stufe 1 Emotionale Taubheit
Fehlende bewusste Wahrnehmung
von Gefühlen und Empfindungen
Mit diesem Konzept kann
- der Umgang einer Führungskraft mit eigenen Gefühlen eingeordnet werden
- Unterstützung für die Weiterentwicklung der emotionalen Bewusstheit dieser Führungskraft konzipiert werden
- die Interaktion und Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeitern verbessert werden
Typische Einsatzfälle für dieses Konzept sind Führungskräfte-Coaching oder andere Formen der Führungskräfte-Entwicklung.
Hinweis: die Entwicklungsarbeit mit Führungskräften, die sich auf den Stufen 1-3 befinden, sollte im psychotherapeutischen Rahmen erfolgen und gehört nicht in ein Coaching!
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